Über Verstopfung
Ursachen der Verstopfung
„Ist im Flussbett wenig Wasser, bleibt das Schiff liegen“ – das ist die eine Hälfte eines chinesischen Sprichwortes. Die zweite sagt: „Schiebt es nicht über die Steine, lasst das Flussbett sich füllen“. Darin liegt auch etwas Wesentliches der traditionellen chinesischen Medizin. Sie richtet sich nicht auf das Problem der Erkrankung, sondern bemüht sich, deren Wesen herauszufinden. Wahrscheinlich wissen nur wenige von Ihnen, dass der ursprüngliche Sinn des Grußes „How do you do? (Wie geht es Ihnen?) bedeutete: Wie geht bei Ihnen der Stuhlgang? Einen so großen Stellenwert hatte damals die ordentliche und regelmäßige Entleerung. Ist der Ausscheidungsprozess gestört, kommt es zu ungewünschtem Faulen im Verdauungstrakt. Das führt zur Vergiftung des gesamten Organismus, der eines Tages völlig vergiftet ist, was zum Beispiel Entzündungen des Verdauungstraktes oder Dickdarmkrebs auslösen kann. Davon, dass wir der Verstopfung keine ausreichende Aufmerksamkeit widmen, zeugt die Tatsache, dass Dickdarmkrebs eine der häufigsten Krebsarten ist.
Angaben über Verstopfung und deren Behandlung finden sich bereits in den frühesten chinesischen medizinischen Werken. Verstopfung ist Ausdruck eines pathologischen Dickdarms, dessen Ursache aber meist in anderen „darüber liegenden“ Organen zu finden ist. Der Dickdarm ist ein Hohlorgan, der zusammen mit dem Magen zum Yangming System gehört. Darin wird die Abführung des Unreinen sichergestellt, was im weiteren Wortsinn eine der Funktionen des Magens ist. Durch das System Innen / Außen ist der Dickdarm mit den Lungen verbunden. Die Lungen sind zusammen mit dem Magen zwei Vertreter der sinkenden Bewegung im Mechanismus des Qi und stellen somit alle sinkenden Funktionen des Organismus sicher. Die Ausscheidung des Stuhlgangs gehört ganz typisch zu diesen Funktionen des Qi. Die Lungen werden als ein zerbrechliches, empfängliches Organ beschrieben, da sie sehr empfindlich auf Austrocknung reagieren. Eine ähnliche Abneigung gegenüber Austrocknung und Überhitzung wurde traditionell auch dem Magen zugeschrieben. Eine weitere Verbindung geht aus der Platzierung des Dickdarms im unteren Erwärmer hervor. Dieser wird von den Nieren verwaltet, die durch ihr Yin zur Befeuchtung des Bereichs und durch ihr Yang zur Zirkulierung des Qi beitragen. In der medizinischen Fachsprache nennt man es Peristaltik. Der After ist eine der beiden unteren Öffnungen, die traditionell zu den Nieren gehören. Ein weiteres Organ, dessen Funktion die Darmtätigkeit direkt beeinflusst, ist die Leber. Eine ihrer Hauptfunktionen ist die Durchgängigkeit, die kontrollieren soll, dass die Bewegung des Qi im menschlichen Körper nicht gestört wird. Die Stagnation des Leber-Qi ist vor allem heutzutage eine häufig vorkommende Ursache für eine Störung der Dickdarmfunktion. In enger Beziehung zueinander stehen zuletzt auch die Abhängigkeit der Dickdarmtätigkeit und die Blutqualität im erweiterten Wortsinn, wie ihn die traditionelle chinesische Medizin versteht. Eine der typischen Ausdrucksweisen des Blutmangels ist die Verstopfung. Aus diesen Kenntnissen können wir die grundlegende Unterscheidung der Verstopfungsarten ableiten und dementsprechend festlegen, wie und womit der Patient behandelt werden soll. Der Dickdarm ist der Vollstrecker des Willens eines höheren Ganzen. Im Falle der Verstopfung ist er der gemeinsame Nenner des Flüssigkeitsverlustes im Dickdarm und der Störung der absteigenden Funktion. Zu den grundlegendsten und häufigsten Störungen gehört die Ansammlung von Hitze (Magen, Dickdarm) mit Blutmangel.
Die häufigsten Störungen, die zu Verstopfung führen
Die Ansammlung von Hitze im Magen und Dickdarm ist die Pathologie äußeren Ursprungs und die Chinesen schrieben bereits im Werk von Shanghan Lun im 2. Jahrhundert davon. Es handelt sich um den Angriff auf den Organismus durch äußere Kälte, welche die obere Schutzschicht durchdrang und bis zu den Magenbahnen vordrang. Der Magen selbst ist bekannt für ein Übermaß an Qi und deswegen kommt es bei der Kombination von zwei starken Energien (äußere schädliche und innere) zu „wilden“ Yang-Anzeichen mit der Produktion von Hitze und nachfolgender Austrocknung der Flüssigkeiten. Fieberhafte Erkrankungen haben die Austrocknung des Magens und des Dickdarms zur Folge. Im alten China war dieser Zustand eine der häufigsten Ursachen für Verstopfung. In unserer zivilisierten Welt ist der Grund für die Verstopfung eher in den unten beschriebenen Pathologien zu finden.
Beim Magen handelt es sich vor allem um ungünstige Ernährungsgewohnheiten, insbesondere um den Konsum von „trockenen und heißen Speisen“, zu denen das Gebäck (Gebäck fügt den Lebensmitteln „trockenen“ Charakter zu), gebratenes und gegrilltes Fleisch und große Mengen an Gewürzen gehören. Die Lebensmittelaufnahme in den späten Abend- und Nachtstunden ist ein weiterer bedeutender Faktor für die Störung des Magen-Yin. Durch die Störung der Flüssigkeiten entsteht Verstopfung mit trockenem Stuhlgang und beschwerlichem Drücken.
Blutmangel gehört in unseren Breiten zu den häufigsten Ursachen und befällt vor allem den Konstitutionstyp „Trocken“, insbesondere Frauen. Unter dem Begriff „trockener Typ“ versteht man einen Menschen mit einem Mangel an Yin-Reserve, unter der vor allem Blut, Körperflüssigkeiten und die Jing-Nierenessenz verstanden wird. Zur größten Verletzung der Reserven kommt es nach Schwangerschaft und Geburt, bei Überarbeitung, mangelhaftem Relaxen und bei zunehmendem Alter. Aus diagnostischer Sicht befällt der Blutmangel Menschen, die von Geburt an körperlich schwach (asthenisch) und leicht ermüdbar sind und die durch geringere Abwehrfähigkeit im psychischen, physischen und sozialen Bereich gekennzeichnet sind. Bei diesen Menschen zeigen sich einige der typischen Merkmale des Blutmangels (trockene Haut, Schmerzen hinter den Augen, verschlechterte Sehschärfe, Haarausfall, verschlechterte mentale Funktionen usw.). Im Hinblick auf Verstopfung sind die Beschwerden, im Gegensatz zur vorhergehenden Gruppe, eher verbunden mit einer Austrocknung des Stuhlgangs. Hierbei tritt das Problem des Drückens beim Stuhlgang nicht mehr auf. Häufig kommt es zu Komplikationen nach dem Entleeren, z. B. zu Hämorrhoiden-Blutungen.
Eine Stagnation des Leber-Qi zeigt sich sehr komplex auf psychischer, emotionaler und physischer Ebene. Das zentrale Problem sind Unstimmigkeit und Ungleichgewicht der Qi-Bewegung, die zu einer Störung der Dickdarmtätigkeit führen. Häufig wird dieser Zustand durch die allgemeine psychische Veranlagung beeinflusst. Die Leber mit dem stagnierenden Qi wehrt sich einerseits eine Weile gegen die Bewegung, andererseits kommt es dann wiederum zum Ausbruch mit überschwänglicher Bewegung. Typisch ist deshalb der Wechsel zwischen Verstopfung und Durchfall, so wie wir ihn beim Syndrom des Reizdarms kennen. In diesen Fällen tritt die Verstopfung vor allem bei Ortswechsel oder bei großer Eile auf.
Die aufgeführten Zustände können sich selbstverständlich in der Praxis unterschiedlich kombinieren.
Kräutermischungen bei Verstopfung
Die Behandlung von Verstopfung ist eine typisch zweiphasige Angelegenheit. Zuerst müssen wir die Spitze des Eisberges behandeln und anschließend die Ursache. Zur Behandlung der Spitze oder des resultierenden Zustandes wird eine Kombination von fettenden, befeuchtenden und die Zirkulation des Qi anregenden Kräutern angewendet. Diese stellen die richtige Bewegung von Qi im Organismus sicher, vor allem aber im Bereich des Dickdarms. Die dritte Gruppe von Kräutern hat eine ergänzende Wirkung, welche die untergeordneten Beziehungen bei dieser Erkrankung regeln. Ein typisches Beispiel dafür ist die Rezeptur der Mischung Auffüllung des ausgetrockneten Flussbettes. Hierbei handelt es sich um die Kombination von Befeuchtung trockenen Stuhlgangs, Stärkung der absteigenden Aktivität von Qi und Ableitung überflüssiger Hitze, welche die Verstopfung hervorruft. Die Mischung Auffüllung des ausgetrockneten Flussbettes fettet den Darm wortwörtlich ein, verringert Hitze und leitet den Stuhlgang regelmäßig ab. Es handelt sich hierbei um das universellste Präparat, das auch bei den schwersten Fällen von Verstopfung angewendet wird, mit Ausnahme der Verstopfungen, die durch eine Stagnation des Leber-Qi verursacht werden. In diesem Fall wird die Mischung Beruhigung der gekräuselten Oberfläche angewendet. Natürlich muss bei Verstopfung auch immer darüber nachgedacht werden, wie die Zusammenstellung der Ernährung aussieht. Meist handelt es sich um Menschen des heißen, trockenen Typs, die ihre Ernährung entsprechend anpassen sollten. Alle von der westlichen Medizin gegebenen Medikamente führen früher oder später zu Gewöhnung und Abhängigkeit und bewirken nur eine Schwächung anderer Darmfunktionen. Die chinesischen Kräuterpräparate hingegen verringern einerseits nicht nur die Hitze und befeuchten den Darm, sondern sie stärken andererseits auch die Fähigkeit des Dickdarms zur Stuhlausscheidung.
Bei Hämorrhoiden, sowohl bei inneren als auch bei äußeren, blutenden oder schmerzhaften, hat sich die Salbe mit der treffenden Bezeichnung Balsam der glimmenden Schlucht sehr bewährt. Hämorrhoiden entstehen in diesem Gebiet auch auf Grund von Stagnation und Faulen. Treten die Hämorrhoiden ohne Verstopfung auf, sollte eine Kombination der Salbe Balsam der glimmenden Schlucht mit einem weiteren Kräuterpräparat Stilllegung des gelben Flusses gegeben werden, das in Form der Kügelchen Wan innerlich angewendet wird.