Klimakterium nach der TCM-Sicht

Das Klimakterium ist die Zeit um das 50. Lebensjahr einer Frau. Wer schon unseren Artikel über Menstruation gelesen hat, weiß schon sicherlich über dem 7-jährigen Zyklus – in diesem Fall geht es um das Alter 7 x 7, was nun einmal 49 Jahren entspricht. In dieser Zeit endet die Reproduktionsphase der Frau, die Menstruation hört auf und es kommt zu einer Abnahme der weiblichen Eierstockhormone (Östrogene), was zu einem relativen Überschuss der männlichen Hormone (Testosteron) führt. Aus Sicht der traditionellen chinesischen Medizin kommt es damit zu einer allgemeinen Abnahme von Yin sowohl in den Nieren, als auch in der Leber und im Herz. Yin stellt in diesem Zusammenhang Flüssigkeit mit Essenz dar. Die Situation können wir mit der Abnahme von Öl und Wasser im Motor vergleichen, der sich dann sehr leicht überhitzt. Eben dieses „Überhitzen“ wird bei Frauen durch die unterschiedlichsten Beschwerden ausgedrückt. Die häufigsten und bekanntesten sind wiederholte Hitzewallungen, Gefühl von Hitze, übermäßiges Schwitzen, insbesondere nachts, Herzklopfen, Nervosität, Gereiztheit, Überempfindlichkeit, trockener Mund, Schlaflosigkeit mit Erwachen in der Nacht, wilde Träume, Hitzegefühl in den „fünf Herzen“ (Handflächen, Fußsohlen, Brustkorb). Nach Ansicht der chinesischen Medizin handelt es sich dabei um die falsche Hitze, die eben durch einen Mangel an Yin hervorgerufen wird, wobei Yang in der Norm bleibt. Wir können uns Yin als Wasser und Yang als Feuer vorstellen. Nimmt nun Yin (Wasser) ab, erlangt Yang (Feuer) ein Übergewicht. Es wird nicht mehr entsprechend im Yin „verankert“ und schlägt leicht über den Wasserspiegel, manchmal entzündet es sich plötzlich, was in der Praxis all die Hitzewallungen und übrigen Beschwerden sind. Grundsätzlich geht es um einen physiologischen Prozess, um eine normale physiologische Änderung im Leben einer Frau von der reproduktiven (fruchtbaren) zur nicht reproduktiven Phase. Das Klimakterium ist keine Krankheit. Viele Frauen, die allgemein eine ausreichende

„Ausstattung“ an Yin haben, verspüren in dieser Zeit überhaupt keine Probleme. Die meisten Frauen allerdings stoßen auf bestimmte Unannehmlichkeiten – die eine mehr, die andere weniger. Dies hängt immer von der Kraft des Nieren-Yin ab. Das Nieren-Yin wird in diesem Fall am häufigsten durch emotionalen Stress geschwächt, der ebenfalls die häufigste Ursache aller Probleme in den Wechseljahren ist. Befürchtungen, Angst, Qual, Kummer und Sorgen schwächen das Nieren-Yin, das bei längerer Dauer auch das Herz-Yin schwächt und somit die Möglichkeit zur Entstehung der falschen Hitze im Herzen und den Nieren gibt, mit all den oben erwähnten Beschwerden. Die zweite Hauptursache für ein schwaches Nieren-Yin ist Überarbeitung. Hierunter wird langanhaltende Arbeit ohne entsprechende Erholung und Nachtschichten verstanden, die dann auch meist mit unregelmäßiger Ernährung und Sorgen verbunden ist. Auch Frauen, die zu viele Kinder zur Welt gebracht haben und das auch noch kurz nacheinander, haben ein schwaches Nieren-Yin. Woran erkennt eine Frau, dass sich der Wechsel nähert? Es beginnt mit unregelmäßiger Menstruation, die sowohl schwach als auch stark, vorzeitig als auch verzögert sein kann. Anzeichen, die diesen Zustand begleiten, können wir nach den Organen und Geweben klassifizieren, die betroffen sind:

Gehirn: Hitzewallungen, Depression, Angst, Müdigkeit, Lethargie, Gereiztheit, Nervosität, Schlaflosigkeit, Vergesslichkeit, schlechte Konzentration, Kopfschmerzen

Herz: Herzklopfen, Arrhythmie, Erkrankungen der Herzkranzgefäße, ischämische Herzstörungen, Angina pectoris.

Adern: Arteriosklerose Knochen: Osteoporose

Haut: dünn, juckend, langsam heilend

Vagina: trockene Vagina und Rückgang der Schleimhäute

Zur besseren Vorstellung über die Lage von Yin im weiblichen Körper beschreibe ich ein anschauliches Beispiel: Stellen Sie sich einen Apfelbaum vor, der bereits den Höhepunkt seiner Tragfähigkeit hinter sich hat, keine Äpfel mehr trägt und langsam eintrocknet. In der Vergangenheit bescherte dieser Apfelbaum jedes Jahr eine reiche Ernte, aber jetzt ruht er sich aus. Der Saft trocknet aus, die Äste werden trockener und zerbrechlich und erliegen leicht den Angriffen des Windes, der den Baum eine Weile rüttelt, bis es scheint, als würde er ihn mitsamt der Wurzeln ausreißen… So poetisch kann man sich die Frau in den Wechseljahren vorstellen, der nach jahrelanger Arbeit und einigen Geburten der „Lebenssaft austrocknet“ und sie verletzlicher, zerbrechlicher und trockener macht.

Danach leitet sich auch in der traditionellen chinesischen Medizin die Behandlung ab. Der Baum muss gegossen und ernährt werden. Er benötigt Saft und muss am Pfahl festgebunden werden.

Kräutermischungen im Klimakterium

Zu den elementarsten Kräutermischungen, die in diesem Zeitabschnitt vor allem bei Hitzewallungen mit Schwitzen und Nervosität gegeben werden, gehört die Frische der frühabendlichen Pagode. Es ist eine exzellente Rezeptur für alle Frauen in den Wechseljahren. Sie enthält vier Kräuter, welche die fundamentale Yin-Essenz der Nieren ernährt und zwei Kräuter, welche die falsche Hitze verringern, die durch den mangel- haften Kühlungseffekt der Yin-Komponenten entsteht. Treten zusätzlich auch noch Herzklopfen, Schlaflosigkeit und wilde Träume auf, so zeugt das nicht nur von einem Mangel an Nieren-Yin, sondern auch an Herz- Yin und in diesem Fall ist die Mischung Elixier des himmlischen Kaisers empfehlenswert. Bei bestimmten psychischen Verfassungen, wie z.B. Depression, Nervosität, Gereiztheit, Bedrückung, Agitiertheit, Angst usw. wird die bereits bekannte Mischung Beruhigung der gekräuselten Oberfläche empfohlen. Diese Mischungen wirken alle sanft und ergänzen nach und nach das abnehmende Yin (bzw. den Lebenssaft oder Öl, wenn Sie so wollen) und ernähren die inneren Körperflüssigkeiten im Organismus. Sie können auch parallel zur hormonellen Östrogen-Behandlung während der Wechseljahre eingenommen werden. Die hormonelle Östrogen-Behandlung führt aus Sicht der chinesischen Medizin den Körper mit einem Trick zu dem Gedanken, dass die Ovulation (Eisprung) noch immer stattfindet (dank des Östrogens), ernährt und stärkt aber die Nierenessenz nicht. Das bedeutet, es handelt sich um eine Substitutionstherapie, aber nicht um eine stärkende Behandlung, die der Organismus der Frau in dieser Zeit so dringend braucht. Im Gegensatz dazu kräftigt die traditionelle chinesische Medizin die Nierenessenz sanft und hilft den Frauen, diese Zeit des Wechsels zu überwinden. Die chinesischen Kräuter können selbstverständlich auch ohne hormonelle Behandlung eingesetzt werden, die letztendlich gar nicht notwendig ist, wenn die Frau die chinesischen Kräuter längerfristig anwendet. Bei den Hormonen liegt der Nachteil darin, dass sie den Motor auf höhere Temperaturen einstellen, damit er sich nicht so leicht überhitzt. Sie füllen dem Motor aber weder Öl noch Wasser nach, sodass bei den Frauen „Trockenheit und Hitze“ wegen des Mangels an Yin-Essenz ununterbrochen dominieren. Nur die oben angeführten Kräutermischungen wirken sinnvoll, da sie auf der einen Seite das Wasser ergänzen und das Feuer auf der anderen Seite reduzieren. Das heißt, sie harmonisieren den Organismus und bemühen sich, die Zünglein an der Waage auszugleichen. Auch die Osteoporose, die in den Wechseljahren sehr häufig beschrieben wird, wird aus chinesischer Sicht als Austrocknung und Brüchigkeit der Nierenessenz angesehen, welche die Knochen ernährt. Auch deshalb sollte die Kräuteranwendung langfristig durchgeführt werden. Eine Wirkung stellt sich nach ein bis zwei Monaten ein, aber wie eine Redewendung eben sagt: Auf ein großes Loch gehört ein großer Flicken. Liegt also bei der Frau eine deutliche Schwächung des Nieren-Yin vor, dauert die Behandlung natürlich auch länger. Auch die Ernährung sollte in dieser Zeit auf die Ergänzung des Nieren-Yin und Verringerung der Pseudohitze ausgerichtet sein. Es sollten also Lebensmittel des kühlen und bitteren Charakters eingesetzt werden, welche die Hitze verringern und kühlen, außerdem befeuchten- de Lebensmittel, die der Trockenheit entgegen wirken. Ganz besonders werden die Frühlings- und Sommersalate wie Wegwarte, Endivien, Auberginen, Gurke, Melone, Kürbis oder auch Meeresalgen empfohlen. Eine besonders wertvolle Quelle für das Nieren-Yin (und auch für das Kalzium der Knochen) ist der schwarze Sesam. Man weicht einen Teelöffel voll Samen in Wasser ein und nachdem man ihn etwa fünf Minuten lang hat quellen lassen, wird er gründlich gekaut und geschluckt. Er ist zwar bitter, aber um so mehr hilft er. Nicht empfohlene Lebensmittel sind dagegen alle aus dem heißen und trockenen Bereich, wie zum Beispiel scharfe, gebratene und gegrillte Speisen, Alkohol usw. Sie kennen sicherlich auch Frauen (und die müssen noch gar nicht in den Wechseljahren sein), die bereits nach einem Tropfen Alkohol augenblicklich rot werden und sich den obersten Blusenknopf am Hals lockern. Das ist immer ein Zeichen der falschen Hitze in den Nieren, die von einem Mangel des Nieren-Yin herrührt.