Über Infektionskrankheiten und Allergien

Gesundheit, geboren unter Tränen

Infektionskrankheiten begleiten den Menschen so lange man denken kann. Ihr Auftreten prüfte unermüdlich und oftmals grausam den Gesundheitszustand der Bevölkerung, weshalb ihnen auch die größte Aufmerksamkeit der Ärzte und Schamanen zuteilwurde. Die Infektionskrankheiten sind nicht wählerisch, sie befallen Alte und Junge, Arme und Reiche. Vor allem in Zeiten großer Epidemien stellten sie einen Schlag nicht nur für die einzelnen Familien dar, sondern oft für ganze Siedlungen oder größere Verwaltungseinheiten. Eine dieser Epidemien fand zur Zeit der Entstehung des Werkes statt, das über viele Jahrhunderte die Überlegungen der Ärzte der traditionellen chinesischen Medizin im Bereich der Behandlung akuter Zustände beeinflusste und als einer der Stützpfeiler der chinesischen Medizin bis heute zitiert wird.

Im alten China lebte unter der Dynastie des östlichen Chans (25-220 n.Chr.) ein Mensch namens Chang thi. Er war eine geehrte und hochgestellte Persönlichkeit. Er arbeitete als Staatsbeamter, bekleidete den Posten des Präfekturvorstehers und erfreute sich eines reichen Familienlebens. Der Clan seiner Familie zählte zweihundert Mitglieder. Kurz und gut, er genoss das Leben auf der Sonnenseite dieser Welt. Fortuna war Chang thi aber nicht lange wohl gesonnen. Die Gegend wurde von einer Infektionsepidemie heimgesucht, der vor den Augen Changs nach und nach mehr als zwei Drittel seines Geschlechts erlagen. Es halfen weder Stellung, Macht, noch Geld. Erschüttert stellte er fest, dass das Wichtigste nicht Reichtum und gesellschaftliches Ansehen sind. Er entschied, sich der Gesundheit zu widmen und rief den Kampf gegen die schlechten Energien aus. Er hing die Stellung als Präfekt an den Nagel und stürzte sich mit unsäglicher Anstrengung auf das Studium der Klassiker. Nach langjährigem Studium und reicher Praxis, in der er den Menschen half, damit sie nicht dem gleichen Schicksal erlagen, vor dem er seine Familie nicht schützen konnte, schrieb er das Werk Shang-Chan Ca-Ping Lun. In diesem Werk beschäftigt er sich hauptsächlich mit der Diagnose und Behandlung akuter Infektionskrankheiten, und das sukzessive Tag für Tag. Allein die Behandlung der ersten Anzeichen ist in hundertsiebzig Untergliederungen aufgeschrieben. Der Umfang ist bewundernswert, vor allem, wenn wir uns bewusst machen, dass das Werk zu einer Zeit entstand, zu der unsere Vorfahren noch nicht einmal begonnen hatten, einen Weg in die Karpaten zu suchen. Auch zu späteren Zeiten waren die ärztlichen Schreiber der Chinesen nicht faul und so blieben eine Menge weiterer Abhandlungen erhalten, die auf die verschiedenen Gefahren der Infektionskrankheiten und Behandlungsklippen aufmerksam machen.

Wie der Organismus funktioniert

Der Mensch ist tagtäglich gezwungen, seine Abwehrkräfte mit einer unzähligen Menge von Mikroorganismen, verschiedenen Milben, Bakterien und Viren zu messen, von denen es um ihn herum nur so wimmelt – in der Luft, auf dem Tisch, im Essen, im Bett, innen und außen. Diesen ständigen Wettkampf bemerken wir gar nicht. Er ist auch in seiner natürlichen gewaltlosen Art nicht schädlich. Im Gegenteil, er dient gewisser- maßen als Stimulation unseres Immunsystems. Für die Abwehrenergie (dieser traditionelle Begriff entspricht am besten dem heutigen Begriff des Immunsystems) bedeuten diese Wettkämpfe nützliche Manöver, Militärübungen, die der Festigung der Militärkraft und der Vollendung dienen. Schlechter ist es aber, wenn es zu angeborenen oder erworbenen Schwächungen der Abwehrenergie kommt. In diesem Fall werden die Manöver zur zügellosen Schlacht der feindlichen Armee.

Aus der Sicht der chinesischen Medizin handelt es sich bei Infektionskrankheiten um den Kampf zwischen zwei Energien. Terminologisch halfen sich die älteren Ärzte mit dem Wörterbuch der Kämpfer aus und so entschuldigen wir uns für das relativ militärisch angehauchte Kapitel.

Die eigentliche Abwehrenergie ist Bestandteil der gesamten Energie Qi und hat ihre Herkunft in den Nieren, in denen ein angeborenes Potential des Organismus gespeichert wird, das wir in die Wiege gelegt bekommen haben. Dieses Potential bestimmt, wie leicht oder weniger leicht wir den Angriffen der schädlichen Energien widerstehen werden. Außer den Nieren ist auch die Qualität der Verdauung für die Abwehrenergie verantwortlich, was nach der chinesischen Medizin der Milzqualität entspricht, da hier die Umwandlung der Lebensmittel in die eigentliche Energie stattfindet. Durch die Lebensmittel wird die Energie ergänzt und erneuert. Sind die aufgenommenen Lebensmittel hochwertig, ist die daraus hervorgehende Energie stark und gesund. Findet sich in dieser Ebene aber eine Verfilzung, kann ein Mensch, der mit einem guten Potential geboren wurde, schrittweise die ursprüngliche Widerstands- und Abwehrfähigkeit verlieren. Den letzten beeinflussenden Faktor bildet die Energie aus der Luft, die sich auf den Zustand der daraus gebildeten Energie sofort auswirkt. Es gilt die gleiche Regel: Ist die eingeatmete Luft rein, wird auch die daraus gebildete Energie und alle ihre Bestandteile hochwertig sein. Atmen wir aber Smog ein, wird die Energie Qi und die nachfolgende Abwehrenergie schwach und wirkungslos.

Was uns schaden kann, ist nach der chinesischen Medizin der sogenannte schädliche Wind oder die schädliche äußere Energie. Das bedeutet, dass etwas in der Luft liegt, und es liegt nur an uns, ob wir unterliegen oder nicht. Schädlicher Wind kann viele Formen annehmen. Chinesische Ärzte stellen fest, dass der Wind die Ursache für Hunderte von Krankheiten ist. Die Zahl Hundert stand bei den Chinesen für viele. Der schädliche Wind kann auch andere Krankheitserreger mit sich mitnehmen. Er kann heiß sein – dann ruft er hohes Fieber hervor. Er kann aber auch feucht sein – dann löst er Durchfallepidemien aus. In der Vergangenheit war der sogenannte toxische heiße Wind eine Katastrophe, der für Pest und Typhus verantwortlich war. Dieser Wind war so aggressiv, dass ihm nur Menschen mit einer wirklich guten und trainierten Abwehrenergie wider- stehen konnten.

Der Kampf mit der schädlichen Energie

Nach der Lehre der chinesischen Medizin erklärt sich der Verlauf einer Infektion so: Die Abwehrenergie erkennt und stoppt das Eindringen der schädlichen Energie – des Windes – nach seiner Entdeckung im Organismus. Sie beginnt, mit dem Wind im Organismus einen Kampf auszutragen, der sich durch Schmerzen an der Körperoberfläche bemerkbar macht. Es schmerzt die Haut, die Muskeln und die Gelenke. Diese angegebenen oberflächlichen Partien sind eben dieser Kampfplatz, auf dem unsere beiden Energien ihre Kräfte erproben. Der anfängliche Schüttelfrost, Schwitzen und Fieber sind nur die uns bekannten Zeichen dieser Schlacht. Deren Intensität hängt von der Kraft beider Energien ab. Zwei kräftige Energien machen einen ordentlichen Lärm. Ist aber wenigstens eine von ihnen schwächer, so spielt sich der Wettkampf unter dem Deckel verdeckt ab. Glücklich ist der, bei dem die schlechte Energie die schwächere ist.

Im menschlichen Organismus sind aus Sicht der chinesischen Medizin die Lungen am höchsten und nahe der Oberfläche angelegt. Auch sie haben eine enge Beziehung zur Abwehrenergie. Man sagt, sie seien der General der Abwehrenergie. Wie es in der chinesischen Medizin die Regel ist, hängt die Funktion der Organe von einem freien und ungestörten Fluss der Energie Qi in den Bahnen ab. Passiert es, dass die schädliche Energie die Oberhand bekommt, so wird sie nicht aus dem Körper verdrängt und setzt sich unter der Oberfläche fest. Häufig ist es eben genau dort, wo die Bahnen durchlaufen, die mit der Lunge in Verbindung stehen. Dadurch wird der freie Kreislauf der guten Energie blockiert und es kommt zur Störung der Lungenfunktion und des Atemsystems. Es treten Husten, Schnupfen und Halsschmerzen auf. Der Hals und die Nase sind nach der chinesischen Medizin die Eingangstore zu den Lungen und deren Zustand entspricht dem Zustand der gesamten Lungen.

Die Gesamtheit der Anzeichen, die dem Wettkampf der guten mit der schlechten Energie entsprechen und die Zusammenfassung der Anzeichen, welche die Beschwerden der Lungen ausdrücken, bestimmen das Erkrankungsbild. Danach wählt der chinesische Therapeut seine Behandlung aus. Leidet jemand an hohem Fieber, zähem Schnupfen und deutlichen Halsschmerzen, sagt man, der Organismus wurde von schädlichem heißem Wind befallen. Hat er hingegen Schüttelfrost und wässrigen Schnupfen, war der auslösende Wind kalt. Damit das Ganze aber nicht so einfach ist, kann auch ein kalter Wind sich später mit Hitzeerscheinungen bemerkbar machen. Das gilt in den Fällen, in denen es der Organismus nicht schafft, die Schadstoffe aus dem Körper auszuscheiden und der lange Wettkampf den Organismus überhitzt. Eine solche Situation ist für Leute typisch, die der heißen Konstitution zugeschrieben werden, also aus chinesischer Sicht eine glimmende Sprengkapsel darstellen, bei der es egal ist, ob wir sie mit kaltem oder heißem Wind anblasen, denn sie entzündet sich in jedem Fall.

Der Wettkampf zwischen guter und schlechter Energie kann sich in drei Richtungen weiterentwickeln. Die beste Situation ist natürlich die, bei der die Abwehrenergie die schädliche vertreibt. Das entspricht etwa einer zweitägigen leichten Grippe, nach der wir uns fit fühlen und nichts weiteres nachfolgt. Oder aber die Abwehrenergie vertreibt die schädliche, bleibt aber selbst schwach und verletzt. Das sind dann die Fälle, in denen wir es zwar schaffen, den Infekt innerhalb einer Woche auszukurieren, wir aber nach dessen Ab- klingen schwach und müde bleiben, die Gelenke manchmal schmerzen, wir noch ab und zu husten oder übermäßig schwitzen. Mit einer Ergänzung der Energiequelle Qi normalisiert sich der Zustand allmählich.

Die letzte, von uns gefürchtete Möglichkeit ist die, bei der die Abwehrenergie dem Wind unterliegt und sich die Schadstoffe dann ungestört im Organismus breit machen können. Das passiert zum Beispiel in Situationen, bei denen man an einer leichten Infektion erkrankt und bei der es dann zu einer Komplikation mit Lungenentzündung, Nieren- oder Gallenblasenentzündung kommt. Jede Entwicklung ist hier möglich, auch die ungünstigste, da keine Kraft vorhanden ist, die fortschreitende verheerende feindliche Armee zu stoppen.

Bei Kindern kann es bei einem Verlauf nach dem dritten Muster auch zur Einnistung von Mikroben in Bereichen von vermehrtem Lymphgewebe kommen. Dadurch vergrößern sich die Mandeln oder die Lymph- knoten. Diese Situation wird wieder in militärischer Sprache als Zustand bezeichnet, in der sich der Feind in unserer Festung bzw. Kaserne ansiedelt, die dann keine Schutzbastion mehr darstellt, sondern die Quelle vernichtender Ausfälle. Die eigene Armee ist nicht stark genug, um diese Objekte zurückzuschlagen. Werden die Mandeln aufgegeben und der Infektionsherd operativ entfernt, so entspricht dies dem Niederreißen unserer oben erwähnten Festung. Beim nächsten Angriff kann der Feind (der schädliche Wind) ungehindert ins Hinterland vordringen, in diesem Fall zu den unteren Atemwegen.

Die wirkungsvollste Methode bei der Behandlung von Infektionskrankheiten war schon immer die Kräuterbehandlung.

Als ergänzende Mittel, die aus Volksweisheiten hervorgehen, gehörte zum Beispiel die Gabe eines Auszugs, der aus fünf Teilen einer chinesischen Zwiebelart zubereitet wurde – Winterzwiebel und fermentiertes Soja. Wird diese Suppe rechtzeitig gegeben, innerhalb weniger Stunden nach den ersten Anzeichen, schwitzt sich der Erkrankte aus und die Infektion kann sich nicht verbreiten. Schaffen wir es nicht rechtzeitig, ist diese Behandlung nicht mehr wirkungsvoll und es muss eine Kräutermischung verabreicht werden. Eine weitere Methode der Selbstbehandlung für leichte Zustände ist die Akupressur.

Kräutermischungen bei Infektionskrankheiten

Aus der unerschöpflichen Menge von Kräutermischungen, die bei akuten Infektionen angewendet werden, wurden hier einige ausgewählt:

Kühle des Morgennebels wird bei Zuständen angewendet, bei denen der äußere schädliche Wind heißen Charakters ist oder der Wettkampf der schädlichen mit der Abwehrenergie selbst Hitze hervorruft. Für diese Zustände sind hohes Fieber mit Schwitzen, extreme Erschöpfung und Durst nach kalten Getränken charakteristisch. Bei manchen kommt es nicht zu einem hohen Temperaturanstieg, sondern die Krankheit äußert sich durch deutliche Entzündungserscheinungen. Der Patient gibt Halsschmerzen an, der Hals ist gerötet, die Mandeln haben üblicherweise einen weißen oder gelben Belag, im Mund entstehen Aphten. Die Kräutermischung enthält viele sogenannte kühle Kräuter, die überwiegend einen scharfen Geschmack haben. Der kühle Charakter der Kräuter hilft, die entstandene Hitze zu kühlen. Der scharfe Geschmack mit seiner Zentrifugalwirkung hilft, die Schadstoffe aus dem Körper auszuscheiden. Moderne medizinische Forschungen bestätigen bei vielen dieser Heilmittel antimikrobielle und immunstimulierende Wirkungen.

Diese Mischung wird bei akuten Zuständen wiederholt und häufig sogar im Stundenintervall eingenommen, wodurch ein schnelleres Abklingen der Beschwerden erreicht wird. In leichteren Fällen und bei Kindern wird auch häufig die ähnliche Mischung Zerbrechlichkeit des gerollten Blattes angewendet. Ihre Wirksamkeit liegt in den ersten 2-3 Tagen einer Grippe oder Viruserkrankung (Entzündung der Nasennebenhöhlen, Virus-Angina, Virusentzündung der Bindehaut usw.), begleitet von Husten, Kopf- und Halsschmerzen, geröteten Augen und trockenem Mund bzw. leichtem Durst.

Auflösen der Drachenhöhle ist eine beliebte Kräutermischung in den Fällen, bei denen die schädliche Energie hauptsächlich das Eingangstor der Lungen, also die Nase befällt. Das können sowohl akute als auch chronische Infekte sein. Die akute Infektion zeigt sich vor allem mit Schnupfen, der wässrig und klar ist. Die Nasenschleimhäute sind angeschwollen und die Nasenatmung ist erschwert bis unmöglich. Nach der chinesischen Medizin entspricht dieser Zustand einer Blockade der Lungenbahn durch Schadstoffe. Bei einer chronischen Infektion kommt es zur Einnistung der Schadstoffe im Bereich des Lungentores und der dazugehören- den Bahnen. Die Schadstoffe wirken wie Barrieren und blockieren die richtige Zirkulation der Energie Qi. Wo aber nicht gelüftet wird, dort ist es muffig. Die sich ablagernden Schadstoffe sind außerdem meistens von heißem Charakter. Durch schlechtes Lüften und Hitze wird in der Nase eine Art von Dampf und Gärung hervorgerufen und dementsprechend sieht auch der sich daraus entwickelte Zustand aus. Der Patient leidet an dickem, häufig auch eitrigem Schnupfen, der mit den geschwollenen Schleimhäuten zusammen, die Undurchlässigkeit in der Nase bewirkt. Gleichzeitig können auch die Nebenhöhlen davon betroffen sein. Dieser Zustand kann sogar als einer der wenigen per Telefon über die charakteristisch veränderte Stimme diagnostiziert werden. Durch eine langfristige Verstopfung der Atemwege kommt es häufig zur Komplikation durch wuchernde Gaumenmandeln oder Schleimhautpolypen. Für beide Fälle hat die chinesische Medizin denselben Vergleich mit dem Regenwald, in dem Hitze und Feuchtigkeit herrschen. Auch in dem betroffenen Gebiet der oberen Atemwege gedeiht die „Vegetation“ dank des „Treibhauseffektes“ hervorragend. Auf chinesische Art und Weise ausgedrückt, wird diese Kräutermischung zur Beseitigung des Hindernisses an- gewendet, das die Verstopfung hervorruft, und zur nachfolgenden Belüftung der Nase. Stellen Sie sich nur vor, wie es in einer modrigen Drachenhöhle aussehen mag. In der Praxis wird sie auch schnarchenden Kindern gegeben, bei denen aufgrund wuchernder Mandeln die Belüftung der Nase verhindert wird und es bei der Mundatmung zu den typischen Geräuschen kommt. Bei akuten Zuständen ist die Behandlung eine kurzfristige, bei chronischen Zuständen, vor allem bei Schnupfen und Entzündung der Nasenebenhöhlen, ist sie verständlicherweise länger, wobei sie häufig länger als ein halbes Jahr dauern kann. Unter Heilung versteht man natürlich die vollständige Normalisierung, was letztendlich ein Facharzt für HNO-Krankheiten feststellen sollte. Von den Kräutern, die zur Heilung beitragen, führen wir als Beispiel nur die nicht entwickelte Blüte der Magnolie oder die Frucht der sibirischen Spitzklette an.

Geschmeidigkeit des Schwanenhalses beseitigt die Wucherungen der Gaumenmandeln bei Kindern ebenso wie Nasenpolypen bei Erwachsenen. Physiologisch gesehen sollte die Gaumenmandel unauffällig sein und um das 6. Lebensjahr herum gänzlich verschwinden. Ist ein geeignetes Terrain vorhanden, also Hitze und Feuchtigkeit, wuchert die Vegetation (zu vergrößerten Gaumenmandeln sagt man adenoide Vegetation), die dann mechanisch den freien Durchgang der Luft blockiert und somit noch günstigere Bedingungen für wiederholte Infektionen und Entzündungen der oberen Atemwege schafft. Die Kinder sprechen oft nasal, schnarchen bei Nacht und aus Sicht der chinesischen Medizin haben sie ein typisches Aussehen – ihr Gesicht ist durchtränkt, aufgedunsen bis teigig mit offen stehendem Mund (sie verhelfen sich so zu Luft). Sie essen gern Milch und Milchprodukte, Süßes und gebratene Speisen – eben genau die Lebensmittel, die Bausteine für vergrößerte Mandeln sind. Werden sie auch weiterhin konsumiert, sind sie die Grundlage für das Nachwachsen der Gaumenmandeln, was nach der Entfernung wiederholt vorkommt. Wird die Ernährungsweise nicht geändert, ist es völlig sinnlos, das Kind mit operativen Eingriffen zu quälen. Vergrößerte Gaumenmandeln lassen sich relativ gut mit Hilfe der oben erwähnten Mischung und einer entsprechenden Normalisierung der Ernährung reduzieren. Dasselbe gilt auch für Nasenpolypen bei Erwachsenen. Die Bezeichnung Geschmeidigkeit des Schwanenhalses deutet schon darauf hin, dass sich auch vergrößerte Lymphknoten am Hals nach Infektionen mit dieser Mischung „glätten“ lassen. Und selbst eine vergrößerte Schilddrüse kann mit diesem Präparat behandelt werden.

Im Gegensatz zu den vorhergehenden wird die Mischung Pass des Windberges in den Fällen angewendet, bei denen sich die akute Infektion vor allem im Bereich des Kopfes und des Nackens bemerkbar macht und die Schadstoffe, die in den Organismus gelangten, kalten Charakters sind. Dieser Zustand manifestiert sich mit Frösteln, Steifheit vor Kälte, Muskelsteife vor allem im Bereich des Nackens, Schmerzen im Nacken und um die Ohren. Es ist kein eindeutiger Schmerz oder eindeutige Entzündung im Hals und die Temperatur steigt gewöhnlich nicht über 37,5 °C. Ist Schnupfen mit dabei, ist er wässrig. Es handelt sich um einen Zu- stand, der rechtzeitig abgefangen werden muss, ansonsten „überhitzt“ sich normalerweise der betroffene Organismus durch den Kampf zwischen schädlicher und Abwehrenergie. In der Kräutermischung herrscht ein Heilkraut einer Liebstöckelart (Mutterwurz) vor, dass vor allem zur Heilung von Muskelschmerzen an- gewendet wird und eine besondere Beziehung zur Behandlung des Hinterkopf- und Nackenbereiches hat. Unter anderem sind auch Mate und die Windschutzwurzel enthalten, welche die interessante Bezeichnung Fang-Feng hat. Diese Bezeichnung kann als Schutz gegen Wind übersetzt werden. Es geht nämlich um den schädlichen Wind, der dem Körper schlechte Energie, also die Infektion, einhaucht. Dieses Heilkraut ist Bestand- teil vieler Mischungen, die zur Behandlung von Infektionen angewendet werden und auch moderne Untersuchungen bestätigen seine Wirkung bei der Behandlung solcher Zustände.

Die Rezeptur der Mischung Duft des Kiefernhains wird eher bei Zuständen nach Infektionen gegeben, bei denen zwar die akuten Erscheinungen bezwungen wurden, der Betroffene aber weiter hustet. Die volkstümliche Bezeichnung für einen solchen Zustand lautet „er hat es auf den Bronchien“. Aus Sicht der chinesischen Medizin war hier die Abwehrenergie schwach, oder aber die schädliche Energie sehr stark, und des- halb drang die Infektion in die Tiefe. Diese Mischung ist für Zustände bestimmt, die mit produktivem Husten mit festem, gelben, zähen Schleim einhergehen. Außerdem wird sie Asthmatikern und anderen an chronischen Entzündungen der Bronchien oder an Lungenblähung leidenden Personen gegeben. Auch chronische Raucher, die Probleme mit starker Verschleimung und vor allem morgendlichem Abhusten von gelbem zähen Schleim haben, sind von dieser Mischung begeistert (Ein chinesisches Sprichwort sagt: „Er verschluckt Wolken – den Rauch – und spuckt Nebel – verdichteten, veränderten Rauch – aus“). Diese Rezeptur enthält Kräuter, die eine sogenannte sinkendende Wirkung haben, die gegen den Husten wirkt. Husten ist aus Sicht der chinesischen Medizin der umgekehrte Lauf der Energie und anstatt abzusinken, steigt sie auf Grund der Blockierung durch Schadstoffe auf. Die zweite Gruppe der Kräuter reinigt den Organismus von Schleim. Sie wirken sehr komplex im Körper – einerseits tragen sie zur Normalisierung der Verdauung bei, andererseits wirken sie auf die Schleimhäute der Atemwege und die Immunität.

Die chinesische Medizin kennt noch viele weitere Heilkräuter und deren unterschiedliche Kombination, die für akute Zustände, Husten, Schnupfen und ähnliches bestimmt sind. Einige davon werden in Form von Sirup angeboten, wie zum Beispiel der bekannte Heilkräutersirup gegen Husten, der vor allem Kindern gegeben wird.

Allergien und ihre Kräutermischungen

Allergische Erkrankungen gehören in der chinesischen Medizin zu den Erkrankungen, die durch schädlichen Wind ausgelöst werden. Es ist anzumerken, dass die Allergien aus der Sicht der chinesischen Medizin erst in jüngerer Zeit an den Instituten der traditionellen Medizin in China und anderswo auf der Welt erarbeitet wurden. In den traditionellen Werken werden sie nicht behandelt, da es damals keine Allergien gab.

Der einzige Unterschied zur westlichen Medizin besteht darin, dass nicht die Ursache gesucht wird, worauf ein Mensch allergisch ist, sondern, warum er allergisch ist. Den chinesischen Therapeuten quält nicht so sehr die Frage, wer die Allergie hervorgerufen hat, ob Mikroben oder ein Allergen. Stellen Sie sich vor, Sie leiden an Heuschnupfen und der Arzt testet bei Ihnen 10 Parameter aus, wobei Sie auf zwei positiv reagieren (z.B. Pollen und Staub) – hurra, Sie wissen, was der Auslöser ist. Beseitigen Sie aus Ihrem Umfeld die Pollen und den Staub komplett und Sie haben gewonnen. Damit ist es aber nicht getan, denn alles aus seinem Umfeld zu beseitigen ist gar nicht so einfach. So wird er Sie z.B. auf weitere 100 Allergene testen, wovon Sie auf etwa 20 positiv reagieren werden. Bei einem weiteren Test werden 1000 Auslöser getestet und es werden etwa 200 positiv sein usw. Das ist wie beim Computer – so wie Sie die Frage stellen, so bekommen Sie die Antwort. Die Ursache ist nicht das einzelne Allergen. Deshalb fragt die chinesische Medizin, warum der Mensch gerade so reagiert, wie er reagiert. Die Antwort ist naheliegend – die Allergien verursachen nicht Pollen und Staub usw., sondern der sog. äußere heiße oder kühle Wind, der gleichzeitig Träger aller Arten von Pollenallergenen, Milben usw. ist. Heißer Wind tritt gerade im Frühjahr und Sommer auf und ist die Ursache der akuten allergischen Beschwerden, die in letzter Zeit immer mehr Menschen kennen lernen. Dieser Wind befällt geschwächte Individuen, deren Abwehrschicht für die schädlichen äußeren Erreger durchgängig ist. Oder aber sie haben die sog. innere Hitze in den Lungen oder der Milz in sich und durch das Anfachen, Anblasen irgendeiner gedachten glühenden Asche schlägt die Flamme empor, was genau den bekannten akuten aller- gischen Beschwerden entspricht – Brennen und Juckreiz in den Augen, im Hals und in der Nase, Schwellungen etc. Dieses Feuer lässt sich entweder durch antiallergische chemische Medikamente löschen, die natürlich auch immer eine negative unterdrückende Wirkung haben, oder aber mit Kräutermischungen, die den Oberflächenwind aus dem Körper ausscheiden, ohne dass sie den Organismus belasten oder irgendwelche Nebenwirkungen haben. Sie wirken relativ schnell und im akuten Stadium ist eine rechtzeitige und ausreichende Dosierung notwendig. Bei allergischen Erkrankungen ist die Ursache häufig eine von den Eltern vererbte angeborene Nierenschwäche, also des Organs, das in sich die Energie Qi lagert. Einfach gesagt, vergrößert sich das allergische Terrain wegen des sich allgemein verschlechternden Zustands der Population, wohingegen die Neigung zu Infektionskrankheiten häufig durch schlechte Ernährungsweisen der Kinder entsteht. Bei der Behandlung akuter allergischer Beschwerden richten wir uns wiederum nach den überwiegen- den Anzeichen, nach denen wir entweder die schon erwähnten Kräutermischungen geben oder eine individuelle Vorgehensweise wählen.

Die an der häufigsten angewendeten Rezeptur bei Allergien in Anbetracht ihrer Beziehung zu den oberen Atemwegen und Schnupfen ist die Mischung Auflösen einer Drachenhöhle. Sie wird bei allergischem Schnupfen, Juckreiz am Gaumen und tränenden Augen verabreicht. Ihre Anwendung ist auch dann empfehlenswert, wenn es durch häufige Gabe von Nasentropfen zur Schädigung der Nasenschleimhaut mit sich verschlechterndem Geruchssinn kommt. Sie wird sofort eingenommen, wenn die ersten Anzeichen auftreten.

Kühle des Morgennebels wird dank seines kühlenden Charakters bei allergischen Reaktionen angewendet, die aus Sicht der chinesischen Medizin eher heiß sind. Hitze wird charakterisiert durch stärkeres Brennen in der Nase, am Gaumen oder der Augen. Beide Präparate können erfolgreich miteinander kombiniert werden. Echo des Himalaya-Donners wird bei asthmatischen Beschwerden mit Pfeifen und Husten verordnet. Es ist eine weitere Kräutermischung, die im akuten Zustand bei klassischen Entzündungen der Bronchien mit Fieber gegeben wird, sowohl bei Verschleimung als auch bei starkem allergischem Husten. Sie senkt das Fieber, dämpft die Entzündungsprozesse an den Schleimhäuten der Atemwege, löst Schleim, befreit die Atemwege, begrenzt den Husten und stärkt die Lungen. Allein schon diese Aufzählung macht aus dieser Mischung eine der wichtigsten bei der Behandlung des akuten Hustens, sowohl infektiösen als auch allergischen Ursprungs mit dem klassischen Pfeifen auf der Brust und erschwerter Atmung. Die Wirkung dieser Mischung ist auch in der Pollensaison sehr direkt. Wie schnell die Wirkung eintritt, hängt davon ab, wie schnell die Einnahme erfolgt. Deshalb wäre es günstig, wenn Patienten mit den oben genannten Beschwerden dieses Medikament in ihrer Hausapotheke hätten, um es rechtzeitig anzuwenden zu können. In den anderen Fällen, in denen die Hitzeerscheinungen nicht so ausgeprägt sind, der Schnupfen wässrig ist und der Patient über ein unbestimmtes Gefühl von Völle im Kopf und einen steifen Hals klagt, wird die Mischung Pass des Windberges gegeben. In den Zeiten, in denen kein heißer Wind mehr droht, sollten die Betroffenen den Hauch des Seidenfächers in Kombination mit der Behendigkeit des Wiesenskorpions einnehmen. Diese beiden Mischungen ernähren das Blut und löschen die glimmende Asche im Inneren des Organismus, sodass der Wind im nächsten Frühjahr und Sommer nichts hat, woraus er ein ordentliches Lagerfeuer anfachen könnte. Deshalb sollte auch die Einnahme über mindestens 3-5 Monate vom Herbst bis zum Frühjahr erfolgen. Die Ergebnisse sind schon nach der ersten Saison deutlich spürbar.

Beide Hauptgruppen der Erkrankungen – infektiöse und allergische – haben nach der chinesischen Medizin gemeinsame Grundzüge: den Kampf der eigenen Abwehrenergie gegen die schädliche Energie, die in Zeiten des Windes in den Organismus eindringt. Gemeinsam sind auch die Belastung der Atemwege als Eingangstor der Lungen und die Lungen selbst. Akute Anzeichen dieser Symptome werden durch die Gabe von Kräutern und Kräutermischungen behandelt, die durch ihre Wirkung helfen, die Schadstoffe aus dem Körper auszuscheiden und die richtige Funktion der Energie Qi in den Lungenbahnen zu erneuern.

Deshalb ist auch die chinesische Medizin meistens eine präventive, was aus dem Grundsatz „die Krankheit noch vor ihrer Entstehung heilen“ hervorgeht. Es wird großer Wert auf die Stärkung der eigenen Abwehrkräfte des Organismus gelegt. Wie, das lesen Sie im Kapitel über die Stärkung der Abwehrkräfte.