Lebensmittel aus der TCM-Perspektive

Die chinesische Klassifizierung der Lebensmittel geht von völlig anderen Merkmalen aus als unsere westliche. Die Chinesen zählen keine Kalorien, reden weder über Eiweiße, Fette, Zucker, Vitamine noch über Spurenelemente. Dafür aber zum Beispiel beim Brokkoli von „kühlender“ Wirkung mit einem „süßen und leicht bitteren“ Geschmack, dessen Hauptvorteil für den Organismus in der „Abkühlung von Leber und Blut“ liegt. Für einen tiefverwurzelten Chinesen sind Eiweiße, Vitamine usw. nur wissenschaftliche Bezeichnungen, mit denen die Wissenschaftler versuchen, die Lebensmittel auf Grund der von ihnen isolierten Bestandteile zu erklären. Bleiben wir bei dem oben erwähnten Beispiel vom Brokkoli. Es wurde entdeckt, dass Brokkoli eine wichtige Rolle bei der Krebsvorsorge spielt. Nach dem heutigen Stand der Wissenschaft ist der hohe Gehalt des Spurenelementes Selen dafür verantwortlich. Nehmen Sie aber Selen in Tablettenform ein, so hat das niemals dieselbe Wirkung, als wenn Sie regelmäßig Brokkoli in den Speiseplan aufnehmen. Wenn zwei das Gleiche tun, ist es noch lange nicht dasselbe. Aus chinesischer Sicht „kühlt“ Brokkoli „Blut und Leber“, er schützt also vor schädlicher „Ansammlung“ in der Leber und späterer Blockade. Wir würden sagen, er reinigt Blut. Alle Lebensmittel, die innere Hitze, Feuchtigkeit und Schleim reinigen, ableiten, ausscheiden oder eliminieren, haben nach der traditionellen chinesischen Medizin eine präventive Wirkung gegen Krebs, da sie permanent die „Röhren“ unseres Organismus „durchputzen“. Bei Betrachtung der Tabelle handelt es sich dabei hauptsächlich um Gemüse (Brokkoli, Sellerie, Zucchini, Schwarzwurzeln, Sauerkraut, Zichorie, Blumenkohl, Auberginen, Radieschen, Spinat, Kopfsalate, Champignons), bittere Kräuter wie Löwenzahn, Kerbel, aber auch Kresse, Sauerklee, Brennnessel oder Frauenmantel usw. Die Leute fragen häufig, ob die Chinesen vielleicht ein Medikament gegen Krebs hätten. Die Ursache dieser gefürchteten Krankheit liegt vor allem in der Psyche mit negativen oder langanhaltenden Emotionen, die mit der Zeit zu einer Blockade und somit auch zu Krebs führen. Eine andere Hauptursache ist auch die Ernährung. Deshalb gibt es kein universelles Arzneimittel gegen Krebs und es wird auf dem chinesischen Markt auch niemals eines geben. Denn der Charakter dieser Krankheit ist sehr individuell und jeder Patient muss einschließlich einer detaillierten Psychoanalyse einzeln behandelt werden. Die Behandlung ist sehr kompliziert und in China wird die Zusammensetzung der Kräutermischungen alle drei Tage geändert, da sich alles von dem momentanen Zustand des Patienten ableitet. Hier ist die Prävention am rechten Platz und die Lebensmitteltabelle kann uns dabei helfen. Ich beschreibe Ihnen noch ein weiteres Beispiel: Wir alle wissen, Äpfel sind gesund. Die Wissenschaft forschte nach, warum das so ist, analysierte den Apfel und siehe da! Die Forschung ergab, dass Äpfel Vitamin A und C, Fructose und Pektin enthalten. Nun wird proklamiert, dass der Apfel diese Nahrungsbestandteile liefert und wir diese Bestandteile einzeln als Präparat schlucken können, um dem Körper die wertvollen Stoffe zu liefern. Allerdings weiß selbst der Laie, dass die Wissenschaft von mindestens weiteren 2000 Bestand- teilen ausgeht, die sie allerdings noch nicht bestimmen kann. Wenn wir den Apfel nur essen würden, um diese bekannten Bestandteile aufzunehmen oder um sie vom Apfel zu trennen und jedes für sich einzunehmen, wären wir ganz schön töricht. Geben wir Vitamin A und C, Fructose und Pektin zusammen, erhalten wir noch lange keinen Apfel mit seinem Geschmack und seiner Wirkung. Ähnlich verhalten sich auch alle synthetisch hergestellten Vitamine und Spurenelemente in Tablettenform, als Pulver oder in anderweitiger Verarbeitung. Es handelt sich immer nur um einzeln isolierte Stoffe, die nur ein unwesentlicher Teil des Ganzen sind. Ich schätze die wissenschaftlichen Erkenntnisse hoch, aber manchmal sind sie unvollständig und sollten sich nicht an Theorien heften, die bislang aus der Sicht der Ernährungswissenschaft nicht vollständig abgeklärt sind. Lebensmittelbestandteile reichen nicht zur Sicherung eines guten Gesundheitszustandes aus. Wir müssen die Lebensmittel als Ganzes essen, in möglichst naturnaher Zubereitung. Es sind Fälle bekannt, in denen Leute eine Hungerkur machten, während ihnen eine „vollendet ausgewogene Ernährung“ injiziert wurde, und die dann an Unterernährung starben. Ihr Körper schaffte es nicht, mit „soliden“ wissenschaftlichen Grundsätzen im Bereich der Ernährung zu überleben. Sie hätten die Lebensmittel als Ganzes gebraucht. Daraus geht hervor, dass es relativ unwahrscheinlich ist, dass die Wissenschaft in naher Zukunft vollständig verstehen wird, was wirklich ein „Gleichgewicht in der Ernährung“ ist. Aber lassen Sie sich nicht verwirren. Gebrauchen Sie Ihren gesunden Menschenverstand, essen Sie ganze und gesunde Lebensmittel, nicht Vitamine, Eiweiße und Mineralstoffe. Machen Sie sich bewusst, dass nicht Vitamin A und C, Fructose und Pektin, sondern ein Apfel Sie täglich – wie es die Volksweisheit sagt – vor dem Gang zum Arzt bewahrt. Und Sie werden sicher wissen, dass jedes Bestandteil dieses Lebensmittels – sei es nun ein Vitamin, Eiweiß, Mineralstoff oder etwas anderes – darin in der entsprechenden Menge und im Gleichgewicht mit den anderen Bestand- teilen enthalten ist. Die Lebensmittel könnten nicht existieren, wenn ihnen das Gleichgewicht fehlen würde. Denn das Gleichgewicht ist in der Natur das Wesen des Lebens und der Existenz überhaupt.

Nahrungsmitteltabellen

Getreide
Name Thermik Geschmack Wirkung
Buchweizen kühlend süß, leicht bitter Milz stärkend/entschleimend
Dinkel neutral bis wärmend süß Milz-Qi tonisierend
Gerste kühlend süß, leicht salzig Hitze ausleitend
Grünkern kühlend süß, leicht säuerlich Leberhitze kühlend
Hafer neutral bis wärmend süß, leicht bitter Qi und Nerven tonisierend
Hirse kühlend süß, leicht bitter Qi tonisierend, Hitze kühlend
Mais neutral bis wärmend süß Qi tonisierend
Reis neutral bis wärmend kühlend süß Mitte stärkend
Roggen neutral bis wärmend kühlend süß, leicht bitter Qi stärkend und nährend
Weizen kühlend süß Qi, Blut und Yin tonisierend
Weizenkeimlinge kühlend süß, leicht scharf Leberhitze kühlend
Weizenkleie kühlend süß Mitte stärkend
Weizenmehl neutral bis wärmend süß, befeuchtend Yin tonisierend
Hülsenfrüchte
Name Thermik Geschmack Wirkung
Erbsen gelb neutral süß Milz tonisierend
Erbsen grün neutral bis leicht kühl süß Milz tonisierend
Erdnüsse neutral süß Lungen befeuchtend
Gemüsebohnen neutral süß Qi und Blut tonisierend
Zuckerschoten neutral süß Qi und Blut tonisierend
Kichererbsen neutral süß Milz-Qi und Nieren stärkend
Linsen neutral süß Qi und Blut tonisierend
Linsen rot neutral bis wärmend süß Nieren-, Herz-Qi tonisierend
Saubohnen neutral süß Milz tonisierend, Nässe ausleitend
Schwarze Bohnen neutral süß Milz und Nieren tonisierend
Sojabohnen grün neutral bis kalt süß Hitze ausleitend
Sojabohnen gelb neutral süß Hitze ausleitend
Sojabohnen schwarz neutral süß Milz und Nieren tonisierend
Tofu neutral süß Hitze ausleitend
Sojasprossen neutral süß feuchte Hitze ausleitend
Weiße Bohnen neutral bis kühl süß Milz tonisierend
Nüsse, Kerne, Samen
Name Thermik Geschmack Wirkung
Cashewkerne neutral süß, fett Magen und Darm stärkend
Erdnüsse neutral bis wärmend süß, fett Lungen befeuchtend
Haselnüsse neutral bis wärmend süß, fett Milz und Nieren stärkend
Kastanien wärmend süß Milz und Nieren stärkend
Kokosnuss kühlend süß Hitze ausleitend
Leinsamen kühlend süß, fad Dickdarm befeuchtend
Mandeln neutral süß, leicht bitter Lungen befeuchtend
Paranüsse neutral süß, leicht bitter Milz und Lungen stärkend
Pistazien neutral süß, leicht bitter Lungen und Haut befeuchtend
Sesam schwarz neutral süß, fett Leber und Nieren stärkend
Sesam weiß kühlend süß, fett Blut und Säfte nährend
Sonnenblumen- kerne neutral süß, fett Yin nährend und befeuchtend
Walnüsse wärmend süß, bitter, fett Nieren und Lungen stärkend
Gemüse
Name Thermik Geschmack Wirkung
Artischocke kühlend bitter, leicht Leberhitze kühlend
Aubergine kühlend süß süß Blut und Hitze kühlend
Blumenkohl neutral bis leicht bitter Lungen-, Magenhitze
Bohnen grün kühl neutral süß, leicht bitter süß kühlend Qi und Blut
Broccoli kühlend bitter, süß Leber und Blut kühlend
Champignons kühlend süß, leicht Blut und Hitze kühlend
Chicoree kühlend bitter, süß Hitze kühlend, harntreibend
Chinakohl neutral bis bitter Leberhitze kühlend
Fenchel kühlend süß süß Qi regulierend
Frühlingszwiebel wärmend süß scharf Magen öffnend
Gurke wärmend scharf Hitze kühlend
Karotte wärmend bis heiß bitter, süß  Mitte harmonisierend Lungen
Kartoffel kalt neutral neutral scharf, süß Qi bewegend, entschleimend
Kohl grün neutral bis kühlend scharf, süß Magen, Blut reinigend
Kohl rot neutral bis kühlend scharf, süß Milz, Magen regulierend Milz
Kohlrabi neutral scharf, süß Leber, Galle, Nieren tonisierend
Krautstiele kühlend süß, bitter Lungenhitze kühlend
Kresse kühlend scharf Blut reinigend,Qi regulierend
Kürbis neutral bis wärmend süß Mitte nährend, Qi stärkend
Lattich kühlend süß, bitter Hitze kühlend, harntreibend
Lauch wärmend scharf, süß Qi bewegend, Mitte wärmend
Peperoni, Paprika kühlend süß, leicht scharf, bitter Qi und Blut bewegend
Pastinake neutral bis wärmend süß, bitter, scharf Magen, Darm, Lungen regulierend
Radieschen kühlend scharf Bluthitze, Blutstagnationen lösend
Rettich neutral bis kühl (roh) scharf Lungen und Magen entschleimend
Randen (Rote Bete) neutral süß, leicht bitter Milz-, Magen-Qi regulierend
Rucola neutral bis kühlend scharf, bitter appetitanregend
Salat (Blatt-) kühlend bis kalt süß, leicht bitter Hitze kühlend
Sauerkraut kühlend sauer Magen-,Darmhitze ausleitend
Schwarzwurzel kühlend süß, leicht bitter Blut reinigend und kühlend
Sellerie kühlend süß, leicht bitter Leber-, Magenhitze kühlend
Spinat kühlend süß, leicht bitter Leber und Blut kühlend
Spargel kühlend süß, bitter Lungen-, Nieren-Yin tonisierend
Tomaten kühlend bis kalt süß, sauer Leber-Yin stützend
Zucchini kühlend süß, bitter Magen-, Leberhitze kühlend
Zwiebel wärmend scharf, süß Qi bewegend, Magen öffnend
Meeresfrüchte
Name Thermik Geschmack Wirkung
Aal wärmend süß, fett Qi und Blut tonisierend
Auster neutral bis kühlend süß, salzig Leber, Nieren, Blut, Yin tonisierend
Barsch neutral süß, leicht salzig Qi und Blut tonisierend
Forelle neutral bis wärmend süß mittleren Erwärmer harmonisierend
Garnele wärmend süß, leicht salzig Nieren-Qi und Yang tonisierend
Hai neutral süß, leicht salzig Qi, Blut und Yin tonisierend
Hering neutral bis kühlend süß, leicht salzig Qi und Blut tonisierend
Hummer neutral bis wärmend süß, leicht salzig Nieren-Qi und Yang tonisierend
Karpfen neutral süß, leicht salzig Qi und Blut tonisierend
Kaviar kalt salzig Nieren-Yin tonisierend
Krabbe kalt süß, leicht salzig Yin tonisierend
Krebs (Süßwasser) kalt süß Yin tonisierend
Lachs kühlend süß, leicht salzig, fett Qi und Blut tonisierend
Meeresschnecke neutral süß, salzig Leber-, Nieren-Yin tonisierend
Miesmuschel wärmend salzig Leber-, Nieren-Qi, Yang tonisierend
Sardine Thunfisch neutral süß, leicht salzig süß Qi und Blut tonisierend
Tintenfisch neutral bis wärmend süß, salzig Qi, Blut und Yin tonisierend

Guter Rat ist Goldes wert

Es ist wichtig, noch einmal zu betonen, dass niemals die einzig richtige Anleitung und nicht die einzig richtige Diät für alle Typen von Menschen existieren wird. Jeder von uns sollte lernen, auf seinen Körper zu hören. Er sollte herausfinden, was ihm wirklich gut tut, wonach er sich nicht so ganz gut fühlt und was ihm gar nicht bekommt. Und dementsprechend sollte er seinen Lebensrhythmus nicht nur aus diätetischer Sicht einrichten. Es gilt, dass nur das ein gutes Essen ist, nach dem sich der Mensch besser fühlt als vorher. Man braucht eine Art sechsten Sinn, nach dem sich der Mensch auch richten sollte, sowie Kenntnisse über die fundierten Grundsätze der Ernährung nach der traditionellen chinesischen Medizin, und es wird niemals zur Katastrophe kommen. Deshalb sollten Luft und Lebensmittel unsere grundlegenden Prioritäten sein. Solange wir uns dieser Wahrheit nicht bewusst sind, sind sämtliche Bemühungen um eine gesunde Lebensweise vergeblich. Wir sollten so gut essen, dass wir auch gut leben. Ein bekanntes Sprichwort sagt: Wir leben nicht um zu essen, sondern wir essen um zu leben.

Die Chinesen gönnen sich keine Askese, keine Ablehnung oder Unterdrückung von Appetit, sondern bemühen sich im Gegenteil darum, dass das Essen ein angenehmer Bestandteil eines jeden Tages ist, auf den sich jeder freut und der ein Erlebnis ist. Nur so erfüllt das Essen seinen Sinn.